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Kriegsrapport

Ueli Maurer hat eine Vision. Er will die beste Armee der Welt haben. Mit dieser Drohung hat er allerdings den Schweizer WK-Soldaten den grösseren Schrecken eingejagt als dem Feind rund um uns herum. Mit einer Ausnahme: Dem OECD-Sekretär Angel Gurría fiel es wie Schuppen aus den Haaren, als er sich diese Bedrohung zu Ende dachte. Bereits hat er die Schweiz darum gebeten, sich nicht in einen Vergeltungskrieg zu verstricken. In Bern wird man dieser Bitte einstweilen nachkommen, noch ist es nämlich nicht weit her mit der besten Armee der Welt. Eigentlich sind wir in keiner einzigen Disziplin mehr die Besten und noch viel weniger die Begehrtesten. Das zeigen schon die rückläufigen Zahlen bei den Asylsuchenden, die schneller sinken als das Bruttosozialprodukt. Die Schweiz ist im Begriff, ihre Attraktivität für Steuerflüchtlinge mit eigenem Boot genauso wie für steuerlose Bootsflüchtlinge einzubüssen. Der Niedergang lässt sich nicht auf eine einfache Formel reduzieren nach dem Motto: Wollte Federer die Nummer 1 bleiben, hätte er gar nicht heiraten dürfen. Solange wir nicht die stärkste Armee der Welt haben, müssen wir weiter unten durch. Es fehlt ja zum Kriegshandwerk einige Erfahrung, immerhin fand die letzte Schlacht im Jahre 1847 statt. Damals bekämpften fünf Divisionen unter der Leitung von General Dufour die sieben katholischen Kantone des Sonderbundes. Seitdem wissen wir, dass in der Regel der Stärkere den Schwächeren besiegt. Auch in einer Zeit, wo es mehr Ausnahmen als Regeln gibt. Taktik und Kampftechnik haben sich inzwischen stark verändert. Indianer kennen keinen Schmerz, viele sind nun aber doch beleidigt, weil Finanzminister Peer Steinbrück sie mit Schweizern verglichen hat. Erste helvetische Kriegshandlungen tragen bereits Früchte, etwa der Entscheid, nur mehr Autos aus Schweizer Produktion zu kaufen. Man könnte auch die Schweizergarde vom deutschen Papst Benedikt XVI. abziehen und ihn ungeschützt zurücklassen. Oder bei Lawinenniedergängen Kampfhunde statt Bernhardiner einsetzen sowie zu anderen seelischen Grausamkeiten greifen, indem wir den letzten Platz beim Eurovision Song Contest unseren Nachbarn überlassen. Wirkungsvoll wäre auch eine Rückrufaktion von Favre, Koller, Benaglio, Barnetta und Frei. Petrus würde dann jene allein gelassenen Bundesligastürmer fragen, die bei ihm anklopfen: «Wie um Himmels Willen haben Sie überhaupt das Tor gefunden?» Im Länder-Rating rutschen wir stetig ab auch dank flankierender Massnahmen unserer Vorhut, die sich im Ausland unter einem Kopftuch versteckt, während sich im Inland fünf Bypässe mutig einem Holocaust- Leugner entgegenstellen. Vergessen wird dabei nur, dass operative Hektik keine geistige Windstille ersetzt. Der Grund für den Niedergang der Schweiz ist erklärbar. Es mangelt uns ganz einfach am nötigen Selbstvertrauen. Im Grossen wie im Kleinen. Wenn an der Spitze der meisten nationalen Unternehmen wie SBB, Swiss, Nestlé und Swatch Ausländer stehen, dann färbt das natürlich auch regional ab. Eigenes Gewächs ist rar geworden, auch bei uns. Es grenzt schon an ein Wunder, dass bei Radio und Televisiun Rumantscha sowohl der neue Chefredaktor wie der neue Direktor Bündner sind. Vermutlich sprachlich bedingte Sonderfälle. Gleiches gilt nicht für die Direktoren von Graubünden Ferien, Rhätischer Bahn und alle Kulturbeauftragten. Graubünden ist unfähig, Leute hervorzubringen, die eine Kantonsbibliothek leiten könnten, die Bündner Kulturchefin kommt gar aus dem Südtirol und auch der Leiter des Instituts für Kulturforschung Graubünden musste in der Fremde gefunden werden. Armer Kanton, der selbst keine geistigen Eliten mehr hervorbringt oder es gar nicht versucht. Selbstvertrauen ist Mangelware in diesen Zeiten.

Stefan Bühler

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