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Sprichwörtlich

Sprich wörtlich und nicht sprichwörtlich – ein guter Vorsatz im neuen Jahr. Redewendungen sind zwar gut, manch träfer Spruch trifft aber den Hammer nicht auf den Nagel. Oder heisst es, den Nagel auf den Kopf? Wie dem auch sei. Falsche Redewendungen zum richtigen Zeitpunkt lassen aufhorchen. Oder wie ein Politiker kürzlich meinte: «Da rennen Sie bei mir offene Ohren ein.» Jetzt, wo der Ausverkauf beginnt, erfreuen uns Schaufensteraushänge ganz besonders. Schuster, bleib auf deiner Leiter, möchte man ausrufen, wenn man in einem Möbelhaus auf dem Churer Kornplatz lesen kann: «Stark reduzierte Artikel». Ist sicher schade um das Bett in der Auslage, besser wäre es, die Preise würden reduziert und nicht grad die ganzen Artikel. Wie heisst es so schön, gerade in Zeiten der Krise: «Der Zweck bringt die Mittel auf», auch wenn man nicht alles über einen Hut scheren kann, da muss man halt noch mal ein Auge drüber werfen. Und erkennt dann rasch, dass man einfach auf keinen grünen Nenner kommt. Es ist gar nicht immer einfach zu erkennen, wo der Hase vergraben ist. Wenn die Moderatorin nach dem ersten Wahlgang anlässlich der Bundesrats– Ersatzwahl aus vollem Busen posaunt: «Alea iacta est – die Würfel werden neu gemischt», dann stutzt auch des Nichtlateiners Gespür für Redewendungen und dem Lateiner sträuben sich die Zehennägel. Im dritten Wahlgang ward der Würfel dann tatsächlich geworfen, ganz im Sinne Caesars, als er den Rubikon überschritt. Die Moderatorin wollte deshalb ihr Licht nicht noch mehr unter den Schemel stellen. Scheffel wäre wohl korrekt, was kann sie aber dafür, dass sie das Wort noch nie gehört hat? Oder höchstens im Zusammenhang mit der Finanzkrise und nicht mit dem Licht darunter? Chef kommt bekanntlich von Scheffeln, das galt bis vor wenigen Wochen jedenfalls genauso wie das geflügelte Wort: «Geld allein macht nicht glücklich. Dazu gehören noch Aktien, Beteiligungen, Gold, Immobilien und Wertpapiere.» Die Zeit heilt eben doch nicht alle Wunder. Zurück zur Moderatorin, die jetzt erst einmal Feuer geleckt hatte. Sie versuchte es mit einem anderen Bonmot und landete einen Volltreffer. Schliesslich ist unter Blinden der Einbeinige König. Diesen Triumph hatte sie noch im ärmel, als sie sagte: «Besser ein Elefant im Porzellanladen als eine Meissner Tasse im Elefantenhaus.» Klar, auch eine blinde Kuh findet manchmal die Spreu im Weizen. «Wir wollen ja nicht den Teufel an die Wand werfen», wenn einer der deutschen Sprache nicht mächtig ist, kann es schon passieren, dass er mit Spatzen auf Kanonen schiesst. Ihre Muttersprache war italienisch und sie war untröstlich, als die Suche nach einem Wellensittich erfolglos blieb. Besser hätte die Frau von Anfang an nach einem Babysitter für den Abend Ausschau gehalten. Wir sind zwar alle aus dem gleichen Pulver geschnitzt, trotzdem ist es bei Verdrehern fast unmöglich, ein Bein auf den Fuss zu kriegen. Wenn sich einer allerdings mutwillig erfrecht, den Unsinn aus den Fingern zu würgen, sieht man schnell, wie der Hase geht. Sicher, jeder weiss, dass Liebe auf den Magen schlägt, auch wenn man auf keinem Auge versteht, was damit gemeint sein soll. Um die Welt besser zu verstehen, haben wir ja die Sprichwörter. Nur, wer kennt sie genau? Heisst es richtig «Wer sündigt, schläft nicht» oder «Wer vorher sündigt, schläft besser?» Weder noch. Will auch niemand so genau wissen, stört beim Sündigen und raubt den Schlaf. Wie es sich für ein neues Jahr gehört, der Vorsatz ist schon gebrochen. Sprichwörtlich gesprochen: «Kleine Bosheiten erhalten die Feindschaft – grosse ergeben Kolumnen.» So ist es halt mit den Redewendungen, jede Wahrheit enthält ein Körnchen Irrtum. Stark werden sie erst bei falscher Anwendung.

Stefan Bühler

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