Von schwarzen Löchern
In Genf sind 10000 Personen aus 50 Ländern und 500 Forschungsinstituten damit beschäftigt, den Zustand nach dem Urknall herzustellen.Das Zerschmettern von Protonen im Cern nennen sie Grundlagenforschung. Eine niedliche Umschreibung für eine Forschung, die kein Mensch braucht. Angenommen, das Higgs-Teilchen würde nicht gefunden, dann wissen wir wenigstens mit an Lichtgeschwindigkeit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass wir gar nicht existieren. Die Frage, ob es ein Leben vor dem Tod gibt, wird damit von der Physik zuverlässig mit Nein beantwortet. Heute steht ja bereits fest, dass der Mond nachweislich nicht vorhanden ist, wenn niemand hinsieht. Weshalb es dann allerdings eines Urknalls bedurfte, um nicht zu existieren, ist damit keineswegs erklärt. Nachdem nun kürzlich die ersten Protonen im 27 Kilometer langen Rundkurs unterwegs waren, knallte es schon das erste Mal. Es waren die ersten Trümmerteile in Form von Korken, erzeugt von den Physikern, die in die Röhre guckten und Champagner kredenzten. Es gelang ihnen ganz nebenbei, den Nachweis des Hicks- Teilchens zu erbringen, der sich wie bei solchen Gelegenheiten üblich in Form von Schluckauf artikulierte. Gesucht ist aber etwas ganz anderes, eben das ominöse Higgs-Teilchen, das es bisher nur in der Theorie und in der Person eines britischen Professors und künftigen Nobelpreisträgers gibt. Zu hoffen ist, dass es auch praktisch existiert und uns davor bewahrt, von schwarzen Löchern aufgesogen zu werden. Dass schwarze Löcher existieren, ist gar keine Frage. Häufig treten sie in Bankenkreisen auf, wo innerhalb von Sekunden Milliarden Dollars verschluckt werden. Die Amerikaner beschreiben diese schwarzen Löcher bei der UBS wie folgt: «There are two sides of the UBS balance sheet. On the left side, there’s nothing right, and on the right side, there is nothing left!» Einen weiteren Beweis für die schwarzen Löcher lieferte kürzlich die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft. Vor allem in der Abwehr sind diese Löcher auch für den Laien leicht erkenntlich. Ein Teilchenbeschleuniger käme dem Team jedenfalls gelegen. Eigentlich kann niemand der Anziehungskraft eines schwarzen Loches entgehen, mit Ausnahme vielleicht von Chuck Norris, der schwarze Löcher isst. Seine Stoffwechsel-Endprodukte sind dann wiederum schwarze Löcher. Alle anderen normal Sterblichen sollten sich allerdings in der Nähe dieser schwarzen Löcher in Acht nehmen, auch wenn die Sehnsucht nach dem Nichts überwiegt. Jedermann hat sich schon gewünscht, in einem schwarzen Loch zu versinken, wenn es allzu peinlich wurde. Ausser Bundesrat Samuel Schmid, dem es sogar gelingt, die schwarzen Löcher rund um seine Amtstätigkeit auszusitzen. Wer solch ein bundesrätliches Loch findet, sollte nichts unternehmen, sonst kommt der Sämi noch aus dem Nichts zurück, das er mit sich selbst ausfüllt. Genauso wie einst die schwarze Lawine – gemeint sind damit die Abstimmungsergebnisse aus dem Bündner Oberland – sind auch die schwarzen Löcher nicht in anderer Farbe lieferbar und können auch in der Schwarzwaldklinik nicht behandelt werden. Sie führen uns aber zurück an den Ursprung des Lebens, wo wir eigentlich gar nicht hin wollen. Sobald die Physiker von Genf den Urknall erfolgreich wiederholt haben, ist die Zeit reif für einen finalen Rettungsknall. Friedrich Dürrenmatt hat das in seinem Theaterstück «Die Physiker» vorausgesehen, als er sagte: «Eine Geschichte ist dann zu Ende gedacht, wenn sie ihre schlimmstmögliche Wendung genommen hat.» Möbius, das eigentliche Genie im Irrenhaus, sagt es treffend: «Unsere Wissenschaft ist schrecklich geworden, unsere Forschung gefährlich, unsere Erkenntnis tödlich.» Dann also vorwärts auf direktem Weg zurück zum Urknall. Stefan Bühler
Stefan Bühler