Sommerloch
Die Sommerferien sind vorbei und irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass die Klimaerwärmung auch nicht mehr das ist, was sie früher war. Der globale Klimaschock manifestierte sich zu Hause wie am Ferienziel genau gleich: feucht, kühl und regnerisch. Überflüssig der Sonnenschutzfaktor im Gepäck, wenn eine geschlossene Wolkendecke uns tagaus tagein besser schützt. Unweigerlich kommt einem Murphys Gesetz in den Sinn, das besagt: «Alles, was schief gehen kann, wird auch schief gehen.» Dieser Sommer ist wahrlich schief gelaufen. Wir erwarten von den Touristen, dass sie tolerant sind und genauso verhalten wir uns selbst. Wenigstens manchmal. Aber die Toleranz hat ihre Grenzen, wenn das Wetter nicht mitspielt. Es war ein Sommer zum Vergessen. Oder, um Murphys Gesetz mit andern Worten zu bemühen: Wer Pech hat, dem bricht der Zeigefinger in der Nase ab. Beim Fernsehen haben es die Vollkasko- Sprecherinnen von Meteo einmal mehr verstanden, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Früher haben sie uns noch das Wetter erklärt und das Herz erwärmt. Heute strahlen nur mehr die bekannteren Moderatoren hormonell bedingte Wärme aus, die zwar auch nach Toleranz ruft, uns aber die Ferien nicht retten kann. Wer dann noch versuchte, aus der Not eine Tugend zu machen und in Europa zu bleiben, konnte sich wenigstens wie zu Hause fühlen. Wer nicht faul am Strand dahinvegetiert, kann sich wenigstens weiterbilden. Kirchen und Museen sind noch immer die besten Regenschirme. So konnte im aktuellen Fall völkerverbindender Austauschaktionen wieder einmal die Erfahrung gemacht werden, dass die Schweiz und Deutschland zwei Staaten sind, getrennt durch die gemeinsame Sprache. Das ist wichtig, wenn in Berlin Geissen und deren Peter aus Graubünden durchs Brandenburgertor und im Gegenzug Joschka Fischer in diesen Tagen durch die Gehla marschieren. Man meckert zu den gleichen Themen, aber mit unterschiedlichem Akzent. Der Einsatz in Berlin hat 600 000 Franken gekostet und etwa so viele Berliner haben nach der Devise gehandelt: «Gar nicht erst ignorieren. » Die Schweizer Armee setzt sich auf dem Churer Rossboden aus dem gleichen Grund in Szene wie die Geissen in Berlin; es geht um Öffentlichkeitsarbeit. Ein schwieriges Unterfangen nach dem Donnerwetter in diesem Sommer, meteorologisch passte es aber irgendwie. Die Geschichte mit dem Kopf der Armee, die inzwischen ganz kopflos ist, wird schon wieder vergessen. Wie sagt doch ein Sprichwort: Der Zahn der Zeit wird es schon richten. Mit dem VBS-Chef hat die Armee ja nach wie vor einen Kopf, auch wenn er diesen selbst fast verloren hat. Und das mitten in den Wechseljahren, wo der Armeechef, die Partei und was sonst noch verwechselt werden. Wenn es stimmt, dass Bundesrat Schmid nur ein halber ist, dann kann es sich nicht um die rechte Hälfte handeln. Diese wäre, zumindest im Kopf, für die emotionalen Ausbrüche verantwortlich. Die politische Grosswetterlage und auch das Sommerwetter haben ihm geholfen, kühlen Kopf zu bewahren. Im Gegensatz zu seinem ehemaligen Armeechef. Dem hätte die Weisheit des Laotse geholfen, die da lautet: «Es ist besser, schweigend für einen Dummkopf gehalten zu werden, als den Mund aufzumachen und es zu beweisen.» Ein Sommerloch hatten wir nicht, dafür wird gesorgt. Und wenn sich dazu Bundesrat Moritz Leuenberger outen musste: «Ich bin das mediale Sommerloch», verkündete er in seinem Blogg. Aber auch ein Bundesrat ist machtlos, wenn uns die Klimaerwärmung wie in diesem Sommer einfach im Stich lässt.
Stefan Bühler