Mehr Playback
Die einzige Sendung im Schweizer Fernsehen, die mit Humor
etwas zu tun hat, heisst Meteo. Der tägliche Dachschaden aus dem
Zürcher Nebel vermittelt schweizweit die Vibration, die das Zwerchfell
für die Anfangsschwingungen braucht. Seit die Models so sprechen
dürfen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, hat wenigstens das
Stolpern durch die deutsche Sprache ein Ende gefunden. Dafür verstehen
unsere ausländischen Gäste jetzt überhaupt kein Wort mehr.
Dabei gäbe es drei Erfindungen, die sonst gang und
gäbe sind beim Fernsehen: Playback, Zweikanalton und Untertitel.
Mit dem Zweikanalton könnte man neben dem Kauderwelsch auch noch
eine für Touristen verständliche Version anbieten. Mit dem Untertitel
ist es schon schwieriger, weil das Geplapper oben auf brauchbare und informative
Kürze in der Bildhälfte unten reduziert werden müsste.
Karaoke eignet sich da auch nur beschränkt.
Die beste aller Erfindungen ist nach wie vor das Playback.
Wir ahnen ja kaum, was so alles als Originalton verkauft wird, in Wahrheit
läuft das meiste ab Band. Die so genannten Live-Konzerte sind meist
nur Lippenbekenntnisse, die Musik mag zwar live sein, der Gesang kommt
ab Band.
Mehr Playback würde SF1 vor allem Comedy-Sendungen
gut anstehen, damit die Zuschauer-Intelligenz weniger beleidigt würde.
Etwa, wenn alt Rocker Chris von Rohr in Black’n’Blond die
Hosen runterlässt und mit seinem Playback noch mehr Dräck verbreitet.
Oder, wenn in der Sendung punkt.ch einige als Barbie-Puppen verkleidete
Krankenschwestern einem Astmathiker Sterbehilfe leisten, indem sie ihm
den Schlauch abdrehen. Grund hätten alle, gegen diesen Schwachsinn
zu demonstrieren.
Nun hat unser Fernsehen schon immer Mühe gehabt,
wenn es um die Vermittlung von echter Satire geht. Humorvolles kommt meist
unfreiwillig daher. Dann zum Beispiel, wenn die Redaktion einer Info-Sendung
den Kokainspuren auf den Toilettenbürsten von St. Moritzer Barbetrieben
nachschnüffelt. Das war wenigstens eine echte Lachnummer. Fernsehdirektorin
Ingrid Deltenre hat sich zwar über diesen Stuss aufgeregt, dabei
wollte ihr News-Team doch nur ein paar Tage Gratisferien bei den Schönen
und den Reichen geniessen, um diese anschliessend in die Pfanne zu hauen.
Damit soll natürlich nicht gesagt sein, es gäbe
keine gute Fernsehunterhaltung mehr. Die Churerin Rinalda Caduff zeigt
mit ihrem Team im Café Bâle, wie man es auch anders machen
kann. Und sie benötigt mit Sicherheit kein Playback. Ganz im Gegensatz
zum letzten Interview-Gast Noemi, die nach eigenem Bekunden vor der letzten
Benissimo-Sendung mit Robbie Williams Fangis im Hotelzimmer gemacht hat.
Wobei nicht klar ist, wer da wem nachgelaufen ist. Noemi jedenfalls kennt
jetzt den Unterschied zwischen Robbie und Elton John und will das dokumentieren
mit ihrem ersten Film «One Night with Robbie».
Gestöhnt wird dabei ab Band, live ist das schon im
Café Bâle nicht gelungen. Echte Brunstschreie kann sie sich
immer noch bei den lieben Jagdkollegen ausleihen. Etwa beim amerikanischen
Vizepräsidenten Dick Cheney, der zu seiner eigenen Überraschung
auf der Jagd seinen besten Freund getroffen hat. Mitten ins Gesicht. Das
Stöhnen des Freundes, verbunden mit etwas Wachtelgurren wäre
der richtige Tracksound für Noemis ersten Streifen. Bevor es allerdings
so weit ist, will sie noch ein paar Stunden Schauspielunterricht nehmen.
Das Stöhnen der Lehrer eignet sich dann unter Umständen auch
als Hintergrundgeräusch. Mehr Playback und weniger organisierter
Schwachsinn und die gebeutelten Zuschauer verlieren nicht ihren letzten
Glauben an den Humor.